Abzocke mit Hertz PlatePass in den USA: Wenn aus 20$ Maut plötzlich 140$ werden (und wie ihr es vermeidet) (2024)

Die USA sind für mich nicht nur das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, sondern auch das Land der ungeliebten Zusatzgebühren. Seien es Tax und Tip im Restaurant, Resort Fees in 08/15-Hotels oder eine Convenience Fee für den Online-Kauf von Tickets.

Ein Thema, mit dem ich selbst nach der 20. USA-Reise bislang kaum in Kontakt gekommen war, sind die Mautstraßen. Es gibt diese zwar in 38 der 50 Staaten, bislang habe ich sie aber meist umfahren – oder bar zahlen – können. Bei einer Anmietung mit Hertz in New York bin ich jüngst in eine Falle getappt, die mir noch nicht bekannt war.

Wer die vermeintlich praktische Plastikbox in der Windschutzscheibe öffnet, der meldet sich automatisch für eine Maut-Flatrate an. Klingt zunächst nicht so schlecht, wird aber richtig teuer. Denn Hertz bzw. deren Dienstleister PlatePass buchen dann automatisch 28$ (~26€) für jeden Tag der Miete (bzw. 140$ pro Woche) ab. So wurden aus unseren 20$ Mautgebühr plötzlich 140$.

Damit ihr nicht den gleichen Fehler macht, möchte ich den Dienst in diesem Beitrag kurz vorstellen. Außerdem geht der Mini-Ratgeber darauf ein, welche Alternativen es gibt – und wann sich die All-Inclusive-Option vielleicht doch lohnen kann.

Info

Dieser Artikel bezieht sich zwar auf eine Anmietung bei Hertz, allerdings gibt es solche Systeme wohl auch bei anderen Anbietern wie Thrifty, Avis (e-tolls.com) usw. Ich gehe davon aus, dass die Funktionsweise dort ähnlich ist. Die genauen Gebühren weichen aber je nach Unternehmen ab (und sind bei Hertz am höheren Ende angesiedelt).

Zu beachten ist zudem, dass die genauen Bestimmungen wieder je nach Bundesstaat abweichen. Meine Erfahrung bezieht sich nur auf die Anmietung im Bundesstaat New York und Fahrten durch Massachusetts, Connecticut (hat keine Maut) und Rhode Island.

Inhaltsverzeichnis

  • Unsere Erfahrung: Aus 20$ Maut wurden 140$
    • Reklamation bei PlatePass
  • Wann lohnt sich die All-Inclusive-Option?
  • So vermeidet ihr überteuerte Mautzahlungen
    • Mautstraßen vermeiden
    • Box geschlossen lassen – „nur“ Bearbeitungsgebühr
    • Maut online bezahlen
    • Eigenen Transponder kaufen
  • Fazit

Unsere Erfahrung: Aus 20$ Maut wurden 140$

Wir hatten bei Hertz im September einen schiceigenenken Tesla Model Y zum guten Preis (ca. 60€ pro Tag) angemietet. Bereits am Hertz-Schalter sahen wir uns mit der Frage konfrontiert, wie wir mit etwaigen Mautzahlungen umgehen möchten. Dabei wurden folgende Optionen angeboten:

  • „Normale“ Option: Wir fahren einfach durch die Mautstationen, als wäre nichts. In dem Fall berechnet Hertz eine Bearbeitungsgebühr von 9,99$ pro Tag, an dem eine Mautstelle passiert wird
  • All-Inclusive Option: Für eine Gebühr von 28$ pro Tag (insgesamt 140$ für 5 Tage) müssten wir uns keine Gedanken um Mautzahlungen machen. Denn diese sind in der Option alle enthalten.

Unsere Route (New York – Providence – Cape Cod – Albany – New York) enthielt eigentlich nur auf dem ersten Abschnitt ein paar Mautstraßen. Daher lehnten wir die All-Inclusive-Option ab und würden halt widerwillig die zusätzliche Bearbeitungsgebühr zahlen.

Das wurde so weit auch korrekt vermerkt. Man klärte uns aber nicht über den Sinn der Plastikbox in der Windschutzscheibe auf. Ich nahm an, man könne (bzw. müsse) diese öffnen, um die Mautstellen von E-ZPass nutzen zu können. Denn auf der Hertz-Website heißt es Transponder Use May be required. Und dazu noch:

If you decline the optional PlatePass All-Inclusive service at the start of the rental period, but still use electronic toll roads and/or bridges during the rental period (including “cashless” or “all electronic” toll roads and bridges, as noted above), you will be liable for and we will charge you: (a) all tolls incurred for such use (at the highest, undiscounted applicable toll rate); (b) a $9.99 usage day fee; and (c) all other applicable toll charges or fees, if any.

Erklärungen zu PlatePass auf der Hertz-Seite

E-Z Pass ist ein System zur Verrechnung von Mautgebühren und steht in quasi im gesamten Nordosten der USA zur Verfügung. In anderen Regionen gibt es ähnliche Systeme mit Namen wie I-Pass, SunPass usw.

Am dritten Tag der Reise hatte ich dann irgendwann rausgefunden, wie man die Bearbeitungsgebühr durch Hertz einfach vermeiden könne (zumindest im Staat New York, siehe unten). Daher ließ ich die Box von da an geschlossen, um nichts doppelt abgebucht zu bekommen.

Zu spät, wie sich herausstellte: Eine Woche nach Rückgabe des Autos erhielt ich eine E-Mail von Hertz, indem die Abbuchung der Mautgebühren angekündigt wurde. Nur: Statt den geschätzten Kosten von ca. 40$ (20$ Maut + 2x 10$ Bearbeitungsgebühr) wollte Hertz plötzlich 140$ (~130€):

Ich hielt das Ganze zunächst für einen Fehler. Offenbar hatte Hertz uns falsch verstanden und versehentlich die All-Inclusive-Option gebucht. Daher wandte ich mich per Mail an PlatePass, um eine Korrektur zu bewirken.

Reklamation bei PlatePass

Während meiner Recherchen fand ich auf der PlatePass-Website heraus, dass das Ganze kein Fehler, sondern durchaus gewollt sei. Ein Öffnen der Transponder-Box geht demnach mit Verkauf der Niere an Hertz Aktivierung der All-Inclusive-Option einher, selbst wenn sie vorher abgelehnt wurde:

PlatePass All-inclusive is purchased by accepting the service at the rental counter, opening the transponder shield box affixed to the windshield, or upon vehicle return

PlatePass FAQ

Dass dies so sei, wurde meines Erachtens weder im Mietvertrag, noch auf der Plastikbox klar erwähnt. Ich suchte daraufhin bei Twitter nach ähnlichen Erfahrungen und fand mehrere Beschwerden zum gleichen Thema.

In der Mail an PlatePass wies ich darauf hin, dass wir der All-Inclusive-Option nie zugestimmt hätten und bat um Korrektur der Rechnung. Wichtig ist, dass die Reklamation direkt bei PlatePass (information@PlatePass.com) erfolgt, nicht bei Hertz.

Es dauerte zwar 5 Tage, aber PlatePass war überraschend einsichtig und bot direkt an, die Rechnung von ursprünglich 139,95$ auf 39,03$ zu reduzieren:

Nach Bestätigung des Opt-Outs meinerseits, erhielt ich zunächst keine Rückmeldung von PlatePass mehr. Beim erneuten Aufruf der Rechnung ca. eine Woche später stellte ich aber fest, dass die Rechnung bereits korrigiert wurde:

Kurz darauf ging auch auf meiner Amex eine Rückzahlung von rund 100$ ein und das Thema war für mich zunächst erledigt. Dieser Artikel geht es aber noch etwas weiter.

Wann lohnt sich die All-Inclusive-Option?

Meines Erachtens lautet die Antwort auf diese Frage: Fast nie. Es mag sicher Fälle geben, wo man genau nachrechnen sollte. Aber so hoch sind die Mautzahlungen in den USA in der Regel nicht, dass sich dort Gebühren von durchschnittlich 28$ pro Tag anhäufen. Erst recht nicht, wenn man den Urlaub auch etwas genießen möchte, statt von einer Mautstation zur anderen zu hetzen.

Leider zeigen Google Maps und Co die erwarteten Mautgebühren nicht an (warum eigentlich?). Es gibt auf der Website Toll Guru einen praktischen Trip Calculator, der dies übernimmt:

Auf der Website könnt ihr einfach die geplante Strecke eingeben und erhaltet dann die geschätzten Gebühren angezeigt. Außerdem werden ggf. Alternativen mit niedrigerer Maut angezeigt und jeweils die Spritkosten geschätzt.

So vermeidet ihr überteuerte Mautzahlungen

Das Ganze hier soll kein umfangreicher Ratgeber zu Mautzahlungen in den USA werden – dafür fehlt mir ohnehin die Erfahrung. Dennoch möchte ich kurz drei (bzw. zwei) Wege vorstellen, wie ihr zumindest im Nordosten eine Maut-Abzocke durch den Vermieter vermeiden könnt.

Bis vor ein paar Jahren gab es an vielen Mautstationen besetzte Kassenhäuschen, wo der Betrag dann bar entrichtet werden konnte. Diese Zeiten sind zunehmends vorbei – wir begegneten auf unserer Reise im September keiner einzigen bedienten Kasse mehr.

Mautstraßen vermeiden

Mit den gängigen Navigations-Tools ist es möglich, Mautstraßen komplett zu vermeiden. In unserem Beispiel hätte sich beispielsweise die Fahrt vom Flughafen LaGuardia nach Providence, Rhode Island von rund 3 auf knapp 4 Stunden erhöht.

Es lohnt sich immer mal, solche Möglichkeiten zu prüfen. Teilweise kann man auch mit einer 5 Minuten längeren Fahrt 10$ (zzgl. der Bearbeitungsgebühr von Hertz) oder mehr sparen. Vor allem auf längeren Roadtrips wird man aber doch irgendwann an der einen oder anderen Mautstelle vorbeikommen, die sich nicht einfach umfahren lässt. Wer möchte schon 40 Minuten Umweg fahren, wenn es über die Brücke nur 5 Minuten sind?

Box geschlossen lassen – „nur“ Bearbeitungsgebühr

Wenn die Plastikbox in der Windschutzscheibe geschlossen bleibt, wird die Maut i.d.R. per Kennzeichen abgerechnet. Hertz berechnet in dem Fall folgende Gebühren:

  • Die tatsächlichen Mautkosten (ohne Rabatt durch E-Z Pass)
  • zzgl. 9,99$ Bearbeitungsgebühr für jeden Tag, an dem eine Mautstation durchfahren wird

Bei Hertz ist die Bearbeitungsgebühr leider kürzlich von humanen 5,95$ pro Tag auf 9,99$ erhöht wurden.

Leider profitieren Passagiere hier nicht von reduzierten Mautraten, sondern Hertz verlangt die volle, reguläre Mautgebühr. Dennoch wird dies in den meisten Fällen deutlich günstiger sein als das teure Maut-Abo.

Warnung

Es besteht wohl nicht immer die Möglichkeit, Mautkosten per Kennzeichen abrechnen zu lassen. Im schlimmsten Fall riskiert ihr ohne (kompatiblen) Transponder eine Toll Violation, die dann von Hertz weitergereicht wird. Aber auch ein aktiver PlatePass schützt nicht zwangsläufig davor. Achtet also am besten darauf, dass irgendwo von Pay by Plate o.ä. die Rede ist.

Dieser Weg ist zwar bequem, nachteilig sind die Gebühren. Denn auch 9,99$ pro Tag können sich ganz schön aufsummieren:

  • Bequemste Möglichkeit
  • Meist günstiger als die All-Inclusive-Option
  • Immer noch teuer
  • Unterstützt die Abzocke der Vermieter mit Zusatzgebühren

Wenn ihr Zeit (und Lust) habt, euch damit zu beschäftigen, gibt es nachfolgend zwei bessere Alternativen.

Maut online bezahlen

Oftmals gibt es die Möglichkeit, Mautzahlungen online vorzunehmen. Bislang kannte ich so ein System nur für die Brücken von und nach San Francisco über FasTrak. Wird eine Mautstraße passiert, so kann innerhalb von 48 Stunden die Gebühr online beglichen werden. Nur wenn das nicht passiert, wird die Rechnung an den Vermieter weitergeleitet (wo i.d.R. zusätzliche Gebühren anfallen).

Für den Bundesstaat New York funktioniert das Ganze etwas anders. Nötig ist dort eine Registrierung auf der Website tollsbymailny.com. Wer einen Mietwagen hat, wählt die Option Rental / Loaner Vehicle for Future Travel.

Nötig sind dann folgende Angaben:

  • Kennzeichen des Mietwagens
  • Bundesstaat, in dem das Auto registriert ist (s. Kennzeichen)
  • Zeitraum, für welchen die Zahlung erfolgen soll (sollte i.d.R. dem Anmietungs-Zeitraum entsprechen)
  • Kreditkarte zur Abbuchung des Betrags

Info

Die Website tollsbymailny.com ist offenbar nur von einer amerikanischen IP-Adresse aus erreichbar. Das ist im amerikanischen Hotel-WLAN kein Problem, von Deutschland aus (oder mit deutscher SIM-Karte) schon. In diesem Fall muss ein VPN genutzt werden.

Online kann auch jederzeit angezeigt werden, welche Durchfahrten bereits erfasst wurden. Als das nach 2 Stunden nicht der Fall war, war ich zunächst etwas beunruhigt. Aber mit der Zeit trudelten dann alle Transaktionen ein:

Die Abbuchung der Zahlung von der hinterlegten Kreditkarte kann dann bis zu 45 Tage dauern. Nachfolgend kurz Pro und Contra dieser Methode:

  • Gilt bei Registrierung ab sofort (ggf. sogar leicht rückwirkend)
  • Ist mit wenigen Klicks erledigt
  • Kein Rabatt durch E-Z Pass
  • Nicht in jedem Bundesstaat verfügbar
  • Für jeden Staat eigene Registrierung notwendig

Eigenen Transponder kaufen

Auch wer mit einem Mietwagen unterwegs ist, hat die Möglichkeit, einen eigenen Transponder für E-ZPass zu kaufen. Im Staat New York gibt es auch dafür eine recht bequeme Option. In zahlreichen Tankstellen und Supermärkten wird eine Box mit E-Z Pass on the Go verkauft. Dieser muss dann nur noch in die Windschutzscheibe gelegt werden und wird in 19 Staaten anerkannt:

Das Starterpaket kostet im Staat New York einmalig 25$ (in New York City 30$) und enthält dann 15$ Guthaben für künftige Maut-Transaktionen. Eine Übersicht der Verkaufsstellen gibt es hier (ggf. mit VPN aufrufen). Zu beachten ist, dass der Pass erst am nächsten Kalendertag nach der Aktivierung gültig wird.

Der Transponder kann dann bei jeder Reise erneut genutzt werden, etwaiges Guthaben bleibt dauerhaft bestehen. Wer E-Z Pass on the Go nutzt, profitiert dann ggf. auch von vergünstigten Mautpreisen (meist ca. 30% bis 50% Rabatt). Teilweise werden die Rabatte aber nur angewandt, wenn der Transponder aus dem gleichen Staat stammt. Außerdem müsst ihr es rechtzeitig aufladen.

Vor- und Nachteile in Kurzform:

  • Ggf. reduzierte Mautraten durch E-Z Pass
  • Kann im künftigen USA-Urlaub erneut genutzt werden
  • Einmaliger Kauf nötig
  • Erst ab nächstem Tag gültig
  • Ihr müsst das Guthaben im Blick behalten
  • Nicht in allen Bundesstaaten erhältlich

Für Florida, Georgia, Kansas, Oklahoma, North Carolina und Teile von Texas gibt es als Alternative Sun Pass Mini für einmalig 5 USD zzgl. Steuer. Dieses ist z.B. in Filialen von CVS Pharmacy erhältlich. Alternativ gibt es SunPass PRO für 15$, das auch mit E-Z-Pass kompatibel ist.

Fazit

Das Maut-System in den USA ist leider nicht besonders leicht zu durchschauen. Hertz macht es noch schlimmer und ist sehr intransparent, was die Gebühren angeht. Wer die Plastikbox in der Windschutzscheibe öffnet, stimmt einem Vertrag für 28$ pro Tag zu, selbst wenn genau diese Option vorher abgelehnt wurde.

Im Prinzip lässt sich der Artikel daher in wenigen Worten zusammenfassen: Wer nicht genau weiß, was er tut, sollte im Hertz-Mietwagen die Plastikbox in der Windschutzscheibe nicht anrühren, sondern geschlossen lassen.

Ich werde mir wohl früher oder später einen eigenen Transponder kaufen, denn so lässt sich doch der eine oder andere Dollar sparen. Für kurze Aufenthalte ist sonst auch die Online-Zahlung eine bequeme Alternative. Und wenn alle Stricke reißen, muss eben (zzgl. Gebühr) über den Vermieter abgerechnet werden.

Titelbild: raksyBH - depositphotos

Abzocke mit Hertz PlatePass in den USA: Wenn aus 20$ Maut plötzlich 140$ werden (und wie ihr es vermeidet) (2024)

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